Stille Nacht

Weihnachten – für mich ein Bild für das, was uns Menschen und Menschlichkeit ausmacht:
Liebevolle Gesten voller Bedingungen
Kreativität und Wiederholung
Einfache Rührung und die Suche nach dem Besonderen
Vergebung und Verdrängung
Viel Energiebewegung und Leere im Herzen.
Spirituelle Suche und Herzschmerz
Fest des Bewusstseins oder des Massenbewusstseins

Warum nicht immer?

Dieses Jahr ist mir aufgefallen, wie viel Energie die Menschen in der Weihnachtszeit aufwenden. Alles ist geschmückt, mit Kerzen, handgemachten Adventskränzen und Dekorationen, Lichtern… es werden mit viel Liebe Plätzchen (oder Guetzli) gebacken, immer wieder gibt es Konzerte, Menschen singen!
Da habe ich mich gefragt: Warum nur an Weihnachten? Warum nicht immer, mit Liebe Kochen und Backen, sich schöne Kerzen gönnen, Musik machen, singen?
Bewusstsein.
Weil man es nicht für sich selbst macht. Und dadurch schnappt sich das Massenbewusstsein „Weihnachtsstimmung“ die Begeisterung und viele wissen gar nicht mehr, warum sie Plätzchen backen, Geschenke kaufen oder das Haus dekorieren. Sie machen es einfach. Deshalb entsteht auch der Stress vor Weihnachten und die große Leere danach.
Dabei könnten wir die Weihnachtsstimmung nutzen, um die eigene Begeisterung z.B. für’s Backen oder Singen zu entdecken. Leider ist dieses Massenbewusstsein immer noch sehr von Oberflächlichkeit und Bedingungen bestimmt, sodass ich zunächst einmal die Geduld mit allem Weihnachtlichem verlor.

Der Grinch

Mit 20 spürte ich, dass irgendwas an dieser heiligen Weihnachtsstimmung nicht stimmte und beschloss, Weihnachten ausfallen zu lassen (ironischerweise hatte ich zu der Zeit einen Nebenjob auf dem Weihnachtsmarkt). Ich hörte keine Weihnachtslieder mehr, war streng und schnippisch statt nett und geduldig, verbrachte die Weihnachtstage alleine in meiner Wohnung, wie jeden anderen Tag.
4 Jahre lang. Für mich war das eine coole Erfahrung. Ich merkte, dass nichts anders ist, dass meine Baustellen nicht verschwinden, nur weil wir uns alle auf eine vermeintlich leichte, vergebende Stimmung einigen. Natürlich hatte ich auch einen melancholischen Teil, der sich gerne dort hinein fallen lassen wollte, um die innere Leere, zumindest bis zum 25. Dezember, zu verdrängen. Spätestens dann kehrt die Leere auch im Massenbewusstsein zurück und es gilt schnell die Tage bis Silvester oder bis zur Rückkehr zur Arbeit zu überbrücken.
Ich kann empfehlen, es mal auszuprobieren. Beobachte Weihnachten von außen, bleibe bei dir und spüre, dass hinter der anscheinenden Fülle und Verbindung, die Leere und Trennung zum Vorschein kommen. Die Ruhe, die vor allem am Weihnachtsabend spürbar ist, habe ich übrigens auch in den Jahren ohne Weihnachten wahrgenommen und genossen. In dieser Ruhe, die sich wie nach einer langen Wanderung ausbreitet, liegt die einfache Möglichkeit, das Sein zu fühlen.
Sein braucht nichts, will nichts, macht nichts. Sein ist.